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E-Fuels: Herstellung und Umweltfreundlichkeit im Überblick

25. April 2023

Lesedauer: Minuten

E-Fuels: Herstellung und Umweltfreundlichkeit im Überblick

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Reem Kadhum

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Die Probleme mit den weltweiten CO₂-Emissionen sind längst nicht gelöst. Zwar sind neuartige Lösungen in aller Munde, doch hinter jedem neuen Ansatz stecken auch Nachteile. Wie sieht es mit synthetischen Kraftstoffen aus: Sind E-Fuels die Lösung für unser Kraftstoffproblem, wenn es um Klimaneutralität und unendliche Verfügbarkeit geht? Dieser Frage gehen wir zusammen mit Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa auf den Grund.

In Sachen Kraftstoffe haben wir das “Ei des Kolumbus” noch nicht entdeckt. Wenn man bedenkt, dass im Jahr 2020 allein die verkehrsbedingten CO₂-Emissionen in der Schweiz einen Anteil von 39 Prozent hatten (exklusiv Flugverkehr!), ist dringender Handlungsbedarf angezeigt. Es müssen Alternativen her, um diese Werte zu senken. Und zwar Alternativen, die einen (nahezu) klimaneutralen Ersatz für fossile Kraftstoffe darstellen: E-Fuels könnten die Antwort darauf sein.

Wir haben uns intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und ein Interview mit Christian Bach, Abteilungsleiter Fahrzeugantriebssysteme bei der Empa, geführt. Ob E-Fuels tatsächlich alle Probleme lösen können und welche Vor- und Nachteile synthetische Kraftstoffe mit sich bringen, erfährst du in diesem Artikel.

Was sind E-Fuels?

Vorweg: Unter dem Sammelbegriff E-Fuels versteht man generell Kraftstoffe, die synthetisch hergestellt werden – und das unter Verwendung erneuerbarer Energien wie Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft. Das “Ausgangsmaterial” ist zunächst Wasser, das durch Elektrolyse in Wasserstoff verwandelt wird. Wird dieser Wasserstoff nun mit der Beimengung von CO₂ weiter aufbereitet, entstehen sogenannte synthetische Kraftstoffe.

Grosser Vorteil: E-Fuels sind nicht nur klimaneutral (bei Verwendung von regenerativem Strom), sondern haben keinen mineralischen Ursprung – im Gegensatz zu herkömmlichen Kraftstoffen, die aus fossilen Brennstoffen produziert werden. Somit können diese Kraftstoffe auch “nicht aufgebraucht” werden.

Wie werden E-Fuels hergestellt?

Bei der Herstellung von E-Fuels handelt es sich um einen komplexen Prozess, der als Power-to-Liquid (PtL) bezeichnet wird. Die meisten synthetischen Kraftstoffe verwenden wie erwähnt Wasserstoff als energetische Basis. Dieser wird in Wüstenregionen oder Offshore-Anlagen erneuerbar hergestellt, und zwar mittels elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen wie Solar- oder Windenergie. Der Wasserstoff wird dann mit CO2 aus der Atmosphäre in einem Syntheseverfahren zu einer Art synthetischem Benzin, synthetischem Diesel oder synthetischem Kerosin verarbeitet.

Dieser Prozess erlaubt es, klimaschädliches CO2 aus der Atmosphäre zu binden und sinnvoll weiterzuverwenden. Damit kann erneuerbarer Strom so “haltbar” – also speicherbar – gemacht werden.

Sicher stellt sich dir jetzt die Frage: Wie sieht das mit den Emissionen aus, die ein Auto beim Fahren ausstösst? Klare Antwort: Es wird nur die Menge an CO2 ausgestossen, die der Atmosphäre vorher für die Herstellung des E-Fuels entnommen wurde. Somit gewährleisten E-Fuels, einen klimaneutralen Kreislauf einhalten zu können.

Der Begriff “klimaneutral” ist laut Christian Bach aber mit Vorsicht zu geniessen: «Wird zur Herstellung von E-Fuels nicht erneuerbarer Strom verwendet, führt dies zum vermehrten Ausstoss von CO2. Dann ergeben E-Fuels auch keinen Sinn. Stützt sich die Produktion von E-Fuels aber auf erneuerbaren Strom, der nicht direkt genutzt werden kann, so können mit E-Fuels im Vergleich zur Verwendung von fossilen Brennstoffen die CO2-Emissionen um 80 – 90 Prozent reduziert werden.»

E-Fuels in der Praxis: Wie gut eignen sie sich?

Noch sind E-Fuels in der Praxis nicht so weit verbreitet wie herkömmliche fossile Brennstoffe. Das liegt daran, dass diese von Privatpersonen noch nicht gekauft werden können. Ein Grund ist, dass die Produktion selbst noch in den Startlöchern steckt. Allerdings gibt es schon Hinweise darauf, dass E-Fuels vielversprechende Ergebnisse liefern können. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

Schliesslich gibt es bei den E-Fuels auch eine Kehrseite: Allein die Herstellung von E-Fuels ist aufwändig und sehr teuer. Um die Kosten senken zu können und E-Fuels wettbewerbsfähig zu machen, muss die Produktion skaliert werden. Das wiederum erfordert weitere Investitionen. Auch ist der Energieverbrauch bei der Herstellung, beim Verbrauch und beim Transport des Kraftstoffs immens – dadurch entstehen erneut CO2-Emissionen. All das macht den Vergleich mit Alternativen sinnvoll.

E-Fuels versus fossile Brennstoffe

E-Fuels unterscheiden sich in vielen Merkmalen von klassischen, also fossilen Brennstoffen. Folgend die wichtigsten Unterschiede auf einen Blick:

  • Umweltfreundlichkeit
    Die Herstellung von E-Fuels – vorausgesetzt man verwendet nur erneuerbare Energien – besitzt einen viel geringeren CO₂-Fussabdruck als fossile Brennstoffe, die aus nicht-regenerierbaren Stoffen wie Kohle, Öl oder Gas gewonnen werden.
  • Verfügbarkeit
    Erneuerbare Energiequellen sind – global betrachtet – im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen theoretisch immer und “unbegrenzt” verfügbar.
  • Verarbeitung
    Fossile Brennstoffe sind bereits vorhanden und nach Förderung deutlich einfacher und schneller einsatzbereit als E-Fuels, die zuerst aufwändig produziert werden müssen.
  • Preis
    Noch ist der Preis von E-Fuels im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ca. sechs- bis zehnmal teurer. Mit der Herstellung in grossen Mengen würde der Preis auf den Faktor zwei gesenkt werden können, was sich in Mehrkosten an der Zapfsäule von 20 – 40 Prozent auswirken würde.

Unterm Strich und mit Blick auf das Klima haben E-Fuels aber ein enormes Potenzial gegenüber fossilen Brennstoffen, den Verkehr klimafreundlicher zu gestalten. Das sieht auch Antriebs-Experte Christian Bach so: Aktuell biete sich insbesondere die Kombination aus verschiedenen Ansätzen an, um das CO₂-Problem in den Griff bekommen zu können.

«Es gibt drei Möglichkeiten, den Verkehr zu dekarbonisieren: Elektromobilität, Wasserstoffmobilität und E-Fuels», so Christian Bach. Grundsätzlich wirke sich gemäss dem Experten speziell die Beimischung von E-Fuels zu Benzin oder Diesel positiv aus: «Pro Fahrzeug sind die CO₂-Ersparnisse bei der Beimischung von zum Beispiel 5 Prozent E-Fuel gering. Über die gesamte Flotte hinweg gesehen, wenn alle Fahrzeuge E-Fuels mitverwenden und so dann alle 5 Prozent weniger CO₂ emittieren, ist der Effekt aber riesig.»

E-Fuel versus E-Auto

Für Christian Bach spielt das Thema E-Fuels somit eine wichtige Rolle, um das globale CO₂-Problem zu bewältigen: «Das kann man ohne E-Fuels nicht lösen. Aber auch nicht ohne Elektromobilität. Es braucht beides.»

Wenn wir E-Fuels mit E-Autos vergleichen, ergeben sich folgende Vor- und Nachteile:

  • Energiequelle
    E-Fuels werden aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt, Akkus für Elektroautos werden durch erneuerbare oder nicht erneuerbare Energiequellen aufgeladen.
  • Abhängigkeiten
    Sowohl bei Elektroautos wie bei E-Fuels bestehen Abhängigkeiten: Für die Produktion von E-Auto-Batterien werden rare Ressourcen wie Lithium oder Grafit benötigt. Ausserdem ist die Batteriezellproduktion stark an China und Asien gebunden. E-Fuels wiederum werden primär aus dem Sonnengürtel importiert. Damit bestehen Abhängigkeiten von Ländern wie Australien, dem Mittleren Osten, Nordafrika oder Zentral- und Südamerika.
  • Effizienz
    Mit E-Fuel betriebene Verbrennerfahrzeuge haben einen drei- bis sechsmal höheren Energieverbrauch als Elektrofahrzeuge (Fahrzeugherstellung nicht berücksichtigt). In Wüstenregionen herrscht aber pro Quadratmeter eine doppelt so hohe Sonneneinstrahlung, weshalb man pro Quadratmeter Photovoltaik-Fläche deutlich mehr Strom erzeugen kann. Damit wird der schlechte Wirkungsgrad bei der Herstellung von E-Fuels etwas relativiert.
  • Infrastruktur
    Die Infrastruktur an Ladestationen für E-Autos wächst und wächst. Für das Tanken und Verwenden von E-Fuels muss keine spezielle Infrastruktur bereitgestellt werden. Reguläre Tankstellen und Verbrennungsmotoren müssen nicht umgebaut werden.
  • Kompatibilität
    Elektroautos benötigen leistungsfähige Stromverteilnetze. Diese sind in vielen Ländern ohne massiven Ausbau nicht für den breiten Einsatz von Elektrofahrzeugen einsetzbar. E-Fuels können einfach in bereits vorhandene Fahrzeuge getankt werden.
  • Kosten
    E-Fuels sind im Vergleich zu Strom noch einiges teurer.

Das Fazit von Christian Bach: «E-Fuels sind keine Konkurrenz zu E-Autos, ermöglichen es aber, in Bereichen, wo E-Autos (noch) nicht einsetzbar sind, auf fossile Treibstoffe verzichten zu können.»

E-Fuels werden auch für die Defossilisierung der Luftfahrt und für die saisonale Speicherung von Strom in der Schweiz notwendig sein. «Wenn wir allein den Kostenfaktor betrachten und E-Fuels mit E-Autos vergleichen, liegen diese auf ähnlichem Niveau. E-Fuels könnten deshalb mit den gleichen Massnahmen wie bei der Elektromobilität erfolgreich eingeführt werden», erklärt Christian Bach.

Was sind die Herausforderungen bezüglich E-Fuels?

Die Herstellung und Verwendung von E-Fuels ist derzeit noch massiv ineffizient.

Die grössten Herausforderungen, vor denen wir beim Thema E-Fuels stehen, sind derzeit:

  • Der riesige Verlust von Energie bei der Herstellung.
  • Energieverlust bei der Verbrennung: Klassische Motoren sind nicht ideal.
  • Energieverlust beim Transport von E-Fuel vom Herstellungsort bis zum Verbraucher.
  • Die Herstellung von E-Fuels ist derzeit noch deutlich teurer als die Produktion von fossilen Brennstoffen.
  • Es liegt noch keine flächendeckende Verfügbarkeit vor.
  • Am Herstellungsstandort müssen für die Massenproduktion enorme Mengen an Strom verfügbar sein.

So kann die Produktion von E-Fuels in Zukunft aussehen

Die Zukunft von E-Fuels sieht Christian Bach dennoch optimistisch. Denn: «Ein Vorteil von E-Fuels ist, dass man sie irgendwo im Sonnengürtel herstellen und transportieren kann. Wir verfügen weltweit über riesige Wüstenflächen, auf denen zehnmal so viel Energie produziert werden könnte, wie die Welt jemals verbrauchen kann». Wichtig für Bach ist, dass «E-Fuels dort produziert werden müssen, wo niemandem Strom weggenommen wird» – genau das wäre entlang des Sonnengürtels durchaus möglich. Auch das Fehlen von Wasser in Wüsten ist für die Produktion von E-Fuels nicht problematisch, da bei dem Entzug von CO2 aus der Atmosphäre Wasserstoff als Beiprodukt entsteht. Dieser wird anschliessend für die Herstellung der E-Fuels weiterverwendet.

Bis es so weit ist, müssen die Verfahren zur Gewinnung von E-Fuels optimiert werden, um einerseits wirtschaftlich rentabel zu sein und – andererseits – die aus dem Verfahren resultierende Menge an synthetischem Kraftstoff zu erhöhen.

Um das beste elektrische und chemische Umfeld für die Herstellung von E-Fuels zu gewährleisten, ist zum Beispiel die Entwicklung neuer Katalysatoren ein Schlüssel, um den Einsatz von teuren Rohstoffen zu reduzieren. Auch gehen bei der Herstellung von E-Fuels derzeit durch notwendige Umwandlungsprozesse 20 – 30 Prozent Energie verloren. Trotzdem können durch systemische Anpassungen spürbare, positive Veränderungen erzielt werden. Christian Bach dazu: «In unserem Mobilitätsdemonstrator nutzen wir die Abwärme der Elektrolyseanlage für die atmosphärische CO2-Versorgung. Dadurch steigern wir die Effizienz der Gesamtanlage.»

Mit diesen Kosten wird gerechnet

Die Produktion von E-Fuels ist aktuell noch sehr teuer. Aber war das nicht immer so bei neuen Technologien? Betrachten wir die Entwicklung der Elektromobilität, so hat sich seit Beginn bis heute auch viel in Sachen Kosten verändert. Christian Bach bringt es auf den Punkt: «E-Autos waren am Anfang fünf bis achtmal so teuer wie herkömmliche Verbrenner. Mit der Massenproduktion hat sich das deutlich zum Positiven hin verändert.» Verläuft die Entwicklung bei synthetischen Kraftstoffen analog, sind ebenfalls Preise zu erwarten, die irgendwann vertretbar sind.

Carl Berninghausen von der Firma Sunfire geht davon aus, dass wir sogar einen E-Fuel-Preis von CHF 1.19 bis CHF 1.68 pro Liter erwarten können. Das hängt unter anderem auch mit der Grösse der Herstellungsanlagen zusammen. Je grösser, desto günstiger kann produziert werden. Und das wirkt sich irgendwann auf die Verbraucher aus. Aktuell stecken diese Projekte aber noch in den Kinderschuhen und die Anlagen, in denen synthetische Kraftstoffe produziert werden, sind vergleichsweise klein.

Was dürfen wir im Bereich E-Fuels erwarten?

Wie wird es weitergehen mit dem Thema E-Fuels? Das ist wohl letztendlich alles eine Frage der Kosten und der Verdienstmöglichkeiten. Denn «technisch gesehen sind die meisten Aspekte der E-Fuel-Produktion klar. Wir wissen, wie man es herstellt, wie viel CO2 eingespart werden kann und wie viel es kostet», so Christian Bach. Das Problem aktuell sind noch die regulatorischen Aspekte. «Wenn die CO2-Reduktion nicht angerechnet werden kann, werden Hersteller E-Fuels nicht produzieren. Dieser Prozess kann lange dauern. Vor ein paar Wochen hat die EU allerdings Beschlüsse in diese Richtung gefasst.» Positiv bewertet der Experte daher, dass die EU-Kommission vorschreibt, einen gewissen Anteil von E-Fuels verwenden zu müssen. Auch wenn man im Moment noch kein Geld damit verdienen kann: «Es sind aktuell nur kleine, vorgeschriebene Mengen, aber sie decken den gesamten Markt ab.» Und der EU-Markt ist ein riesiger Markt – genau das schaffe Investitionssicherheit.

Unser Fazit: E-Fuels werden nicht die Nonplusultra-Lösung sein. Aber sie werden ein wichtiges Zahnrädchen im zukünftigen Mix bilden – zusammen mit anderen alternativen Technologien, um die Klimaschutzziele erreichen zu können.

Alle Infos zu unseren Produkten und Services sowie Tipps rund ums Auto.

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